Fachlicher Austausch zwischen Wien und Berlin – Erfahrungsbericht

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Thema

von Melanie Weiland

Von Melanie Weiland, Bereichsleiterin der Ambulanten Hilfen der tandem BTL und Geschäftsführerin der schoolcoach BTL.

Im Rahmen eines fachlichen Austauschs, organisiert durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin, hatte ich die Gelegenheit, an einer viertägigen Reise nach Wien teilzunehmen. Ziel war es, die Strukturen der Eingliederungshilfe und sozialen Teilhabe in Wien kennenzulernen und mit unseren Erfahrungen in Berlin zu vergleichen. Der Austausch mit Vertreter*innen aus der Verwaltung und von Trägern beider Städte war äußerst wertvoll und bot wichtige Impulse.

Fonds Soziales Wien

Ein zentrales Thema unseres Besuchs war die Organisation der Teilhabeleistungen in Wien. Der Fonds Soziales Wien, der die Steuerung der Leistungen für Menschen mit Behinderungen übernimmt, stellte uns seine Strukturen vor. Besonders auffällig ist, dass in Wien keine individuellen Hilfepläne erstellt werden. Stattdessen vereinbaren die Träger direkt mit den Kund*innen, wie die Unterstützung gestaltet wird. Der Fonds überwacht die Qualität der Leistungen durch regelmäßige Audits bei den Trägern, er prüft nicht im Einzelfall seine bewilligten Leistungen. In Berlin hingegen sind individuelle Hilfepläne ein zentraler Bestandteil der Teilhabeplanung und jeder Einzelfall wird jährlich auf Erfüllung der Ziele geprüft. In Wien sind die Kund*innen nur alle 4-5 Jahre zur Weiterbewilligung beim Fond geladen. Die schont insbesondere Verwaltungsressourcen und entlastet die Leistungsberechtigten.

Gruppenbild Besuch Kundinnenrat in Wien
Gruppenbild mit dem Kundinnenrat in Wien

Selbstvertretung und Kundinnenrat

Am zweiten Tag besuchten wir den Wiener Kundinnenrat, der als gewählte Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen eine beratende Funktion für die Stadt und den Fonds Soziales Wien hat. Dieses Gremium ist ein starkes Beispiel gelebter Inklusion nach dem Prinzip „Mit uns, nicht über uns“. Der Rat besteht aus Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen und bringt die Perspektive der Betroffenen direkt in politische und administrative Prozesse ein – ein Modell, das auch für Berlin von Interesse sein könnte.

Bildung und Berufliche Eingliederung

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der Reise war der Bereich Bildung und berufliche Teilhabe. In Wien endet die Schulpflicht nach neun Jahren, und das System setzt stark auf die nachfolgende berufliche Ausbildung. Dies unterscheidet sich von der Berliner Struktur, wo Inklusion und integrative Beschulung stärker im Fokus stehen. Besonders hervorzuheben ist in Wien die „Ausbildungspflicht“ bis zum 18. Lebensjahr und die „Ausbildungsgarantie“ bis zum 25. Lebensjahr, die jungen Menschen mit Beeinträchtigungen zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten bietet.

Wir hatten zudem die Gelegenheit, Projekte wie das Wiener WUK zu besuchen, wo Jobcoaching und individuelle Unterstützung für Jugendliche mit psychischen Beeinträchtigungen im Mittelpunkt stehen. Diese gezielte Unterstützung, die auch in Berlin zunehmend an Bedeutung gewinnt, zeigt, wie wichtig eine langfristige Begleitung für den erfolgreichen Übergang in den Arbeitsmarkt ist.

Fazit

Die Fachreise hat verdeutlicht, wie unterschiedlich und dennoch wirkungsvoll die Ansätze der Eingliederungshilfe in Wien und Berlin sind. Der Austausch zwischen den Städten ist eine wertvolle Quelle der Inspiration. Wien zeigt durch die enge Zusammenarbeit von Trägern und der Verwaltung sowie durch innovative Modelle in der Selbstvertretung und beruflichen Eingliederung neue Wege auf, die auch für Berlin wertvolle Impulse geben können.

Gleichzeitig konnte Wien mitnehmen, dass Einzelfallförderung von Kindern und Jugendlichen, sowie erfolgreiche schulische Inklusion den Einstieg ins Erwachsenenalter erleichtern und notwendige Kompetenzen für den Arbeitsmarkt vermitteln können.

Das Zusammenwirken der verschiedenen zuständigen Verwaltungen, sowie ausreichende Finanzbudgets sind sowohl in Wien als auch in Berlin zentrale Themen, die bearbeitet werden müssen.


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